Ein bedingungsloses Grundeinkommen wird ohne Antragstellung nur aufgrund der eigenen Existenz ausgezahlt. Auch Schutz vor Krankheit und Unfall wird kostenfrei gewährt.

 

Mit der Perspektive auf ein vorab gezahltes Grundeinkommen wäre die Entscheidung für ein Kind um Vielfaches leichter. Schulbildung oder ein Studium hinge nicht mehr vom Einkommen der Eltern ab. Innerfamiliär wäre finanziell die gleiche Basis zwischen den Geschlechtern geschaffen, Abhängigkeiten würden vermindert. Ein Zusammenleben Bedürftiger und Erwerbstätiger wäre insgesamt kein Grund, staatliche Leistungen zulasten der Bedürftigen zu vermindern, denn die Vergütung für eine Arbeit des Erwerbstätigen würde nicht mehr auf staatliche Hilfeleistungen eines Bedürftigen in der Lebensgemeinschaft angerechnet werden.

Niemand wäre mehr gezwungen, einen unangenehmen unter Tarif bezahlten Reinigungsjob anzunehmen oder eine als zumutbar eingestufte Pendelzeit[1] vom Wohnort zu einer die persönliche Qualifikation weit unterschreitenden Arbeitsstelle in Kauf zu nehmen, damit die staatlichen Leistungen nicht ohnehin sanktionierend gekürzt werden.[2] Der Druck eines Alleinverdieners in einer familiären Gemeinschaft, für das familiäre Erwerbseinkommen allein verantwortlich zu sein, würde immens sinken, verfügten die Familienangehörigen über ein bedingungsloses Grundeinkommen. Auf dem Arbeitsmarkt wären insgesamt einige Verschiebungen hinsichtlich kürzerer Arbeitszeiten denkbar. Vielleicht bekämen auch Schul- und Studienabgänger leichter eine Chance, in das Berufsleben einzusteigen. Der persönliche Arbeitseinsatz könnte wieder befriedigend und wertvoll sein.

Möglich wäre es sogar, dass die sich in vielen Gesichtern der Menschen widerspiegelnde Depression der Gesellschaft in Zufriedenheit wandelt, indem der existenzielle Überlebensdruck entfiele. Die hieraus erwachsenen Gesundheitskosten könnten unter Einführung eines entsprechend ausreichenden bedingungslosen Grundeinkommens, welches die Würde des Menschen tatsächlich unangetastet ließe, sogar sinken.

Auf der anderen Seite würde aber auch ein Teil meines eigenen Tätigkeitsfeldes der einkommensteuerlichen und sozialrechtlichen Beratung wegfallen – ebenso wie ein Großteil der dazugehörigen Verwaltungstätigkeit auf staatlicher Seite. Zeit für soziale Tätigkeiten oder andere Kreativität stünde ohne Verpflichtung frei zur Verfügung.

Insgesamt könnte ein bedingungsloses Grundeinkommen zusammen mit einem vereinfachten Steuersystem und gerechten Verteilungskriterien hinsichtlich der staatlichen Einnahmen diejenige Transparenz bieten, welche nötig ist, sich mit der staatlichen Gemeinschaft zu identifizieren.



[1]    Als zumutbar gelten Pendelzeiten von 2,5 Stunden bei einer täglichen Arbeitszeit von 6 Stunden und 3 Stunden bei darüber liegenden täglichen Arbeitszeiten.

[2]    Vgl. § 10 SGB II i.V.m. §§ 31, 31a SGB II. Die Bestrafung liegt bei 30% des Regelbedarfs in der ersten Stufe, 60% in der zweiten und komplettem Wegfall der Regelbedarfsleistungen bei weiteren Verstößen.

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Verena Nedden
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