In Deutschland steigen die Ausgaben zur sozialen Absicherung und die Wohnraummieten langfristig kontinuierlich an, während Rentenanpassungen und Lohnerhöhungen kaum den Wertverlust der laufenden Inflation auffangen. Die Gemeindekassen sind vielfach leer, Jugendzentren werden geschlossen, und im Kulturbereich sind die Gelder ebenso knapp wie in den Schulen, welche selbst die Toilettenreinigung kaum noch gewährleisten können. Gleichzeitig stellt sich die zugleich die Sozialkassen finanziell erheblich entlastende Pflege der eigenen alterserkrankten Eltern in häuslicher Umgebung als zutiefst entwürdigend, belastend und verarmend für die pflegenden Angehörigen heraus.[1] Nach den aktuellen Zahlen des Statistischen Bundesamtes für 2011 und Vorjahre[2] lässt sich unter Punkt 2.1.11 entnehmen, dass die Ausgaben für monetäre Sozialleistungen und soziale Sachleistungen auch trotz statistisch sinkender Arbeitslosigkeit kontinuierlich ansteigen.
Nach der Anfang letzten Jahres erfolgten Steigerung der Krankenversicherungsbeiträge von 14,9% auf 15,5% weist der Gesundheitsfond aller Krankenkassen jedoch ein Finanzpolster von 19,5 Milliarden auf[3], welches nun zu rund zwei Milliarden € zur Haushaltskonsolidierung direkt an den Bundeshaushalt fließen soll[4]. Weder fällt wegen des Überschusses die Praxisgebühr weg, noch werden die Krankenkassenbeiträge im Jahr 2013 um mehr als 0,1% gesenkt.[5]
Jede nächste staatliche Einsparmaßnahme zulasten sozial Bedürftiger insbesondere des sogenannten unteren Quintils[6] der Bevölkerung bleibt derzeit unverständlich, während in den vom Kabinett aktuell am 28.03.2012 verabschiedeten Pflege-Reform[7] einhergehenden Vergünstigungen weiterhin das geringe Maß der staatlicherseits respektierten Würde der Pflegebedürftigen oder häuslich Pflegenden ersichtlich ist.
Auffällig erscheint insgesamt, dass notwendige existenzsichernde Aufwendungen immer teurer werden und gleichzeitig gemeinschaftliche Aufgaben aus Kostengründen kaum noch zu erfüllen sind.
Um ein zukunftsweisendes System für Deutschland zu finden, sollte man besonderes Augenmerk auf eine gerechte Verteilung innerhalb Deutschlands, aber auch in der europaweiten Staatengemeinschaft oder – soweit Deutschland dazu beitragen kann - auch weltweit legen, damit sich die auseinanderklaffende Schere zwischen arm und reich nicht weiter öffnet sondern schließt.
Idealerweise sollte daher ein zukunftsverbesserndes Steuer- und Abgabensystem zum einen stabilisierend auf die innerdeutsche Gesamtwirtschaft wirken, aber auch geeignet sein, zumindest EU-weit eine Angliederung zu finden.
[1] Vgl. Anne Will: „Albtraum Pflege – bleibt weiter alles an den Angehörigen hängen?“, TV-Sendung der ARD vom 28.03.2012, http://daserste.ndr.de/annewill/videos/annewill3387.html
[2] Statistisches Bundesamt, Wiesbaden 2012, Gesundheitsausgabenrechnung 2010, Ergebnis - 23611-0002, Stand: 10.04.2012
[3] „Milliarden aus der Krankenkasse fließen an Finanzminister Schäuble“, Focus Money online, 10.03.2012, 09:31, http://www.focus.de/finanzen/versicherungen/kompromiss-erzielt-milliarden-aus-der-krankenkasse-fliessen-an-schaeuble_aid_722526.html
[4] „Praxisgebühr muss weg“, Westdeutsche Allgemeine Zeitung vom 29.03.2012, S. 1
[5] Focus Money online, aaO.
[6] Damit sind die 20% der Bevölkerung mit dem niedrigsten Einkommen gemeint.
[7] Entwurf eines Gesetzes zur Neuausrichtung der Pflegeversicherung (Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz – PNG), Bundesgesundheitsministerium, Stand: 22.03.2012 http://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/dateien/Downloads/Gesetze_und_Verordnungen/GuV/P/120328_PNG-Gesetzentwurf_Stand_22-03-2012.pdf
Verena Nedden
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Steuerrecht
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